Saal 5
Poesie und Prosa des Lebens
In der niederländischen Malerei des 17. Jahrhundert hielt der geerdete Blick des Bürgers und Kaufmanns Einzug in die Kunst. Er zeigt sich in Motivwahl und naturgetreuer Darstellungsweise. Die nun meist bürgerlichen Sammler schätzten Gemälde, die wie ein Ausschnitt ihrer Lebenswelt wirkten. Sie liebten den Anblick von Alltagsobjekten aus nächster Nähe und die Darstellung umgrenzter Innenräume.
Die große Nachfrage förderte neue Bildgattungen. Einzelne Maler spezialisierten sich zum Beispiel auf das Stillleben mit Rauchutensilien oder einem einfachen Imbiss. Der Blick in Scheunen, Kirchen, Handwerker-, Gast- und Wachstuben wurde ein eigenständiges Motiv. Die Gemälde spiegeln das bescheidene ländliche Leben, den calvinistischen Glauben oder die Allgegenwart von Soldaten in den unruhigen Kriegszeiten.
Mit diesen alltagsnahen Momentaufnahmen konnten sich die Betrachter identifizieren. Oder sie amüsierten sich zur eigenen Selbstbestätigung über die Laster und Schwächen unterer Gesellschaftsschichten. Eine heimelige Atmosphäre verströmen Familienbilder, die im häuslichen Umfeld spielen. Doch immer gewannen die Künstler der nüchternen Alltagswirklichkeit poetische Augenblicke ab.
Die zurückhaltende Farbpalette mit Braun-, Oliv- und Grautönen und der teilweise nur dünne Farbauftrag entsprachen den schlichten Motiven. Diese Monochromie bedeutet jedoch keine Kunstlosigkeit. Im Gegenteil: die Abstufung der Erdtöne ist ebenso virtuos wie das Spiel mit dem einfallenden Tageslicht. Es beleuchtet einzelne Partien und lässt andere in dämmrigen Schatten fallen. Keck funkeln Reflexe und Spiegelungen auf Gläsern, Metallgefäßen, Wänden oder Böden. Sparsame Buntakzente leuchten auf. Vor den zumeist dunklen Hintergründen treten die Objekte und Figuren plastisch hervor, fast mit den Händen zu greifen.