Triptychon mit Anbetung der Hirten
um 1515 | JAN DE BEER (Antwerpen (?) um 1475 – um 1528 Antwerpen)
Ein Licht-Bild
Im Christentum spielt die Lichtsymbolik eine wichtige Rolle: Christus ist das Licht, das in die dunkle Welt kam (Johannes 1,5). In einer Vielzahl von Details hat der Antwerpener Maler Jan de Beer dieses Thema hier aufgegriffen und variiert: Absolute Lichtquelle ist das neugeborene Jesuskind selbst. Jedes andere Licht – etwa die Kerze des Josef rechts, das Herdfeuer links oder das Sonnwendfeuer tief im Hintergrund – besitzt diesem gegenüber keinen Schatten. Achten Sie auf die winzigen Eidechsen am unteren Bildrand. Antiker Auffassung zufolge werden die blinden Tiere durch den Anblick der aufgehenden Sonne wieder sehend: ein Bild für die zu gläubiger Erkenntnis gelangenden Menschen.
Jan de Beer zeigt dem Betrachter noch weitere Dinge, die in symbolischem Zusammenhang zur Geburt Jesu stehen: So spielt die dargestellte Ruine auf den Palast des Königs David an, von dem Christus abstammte. Die Getreidegarbe zwischen Maria und dem Kind verweist auf den Geburtsort Beth-Lechem (Haus des Brotes) und auf die Hostie der Hl. Messe. Das »Loch im Boden« am unteren Bildrand erinnert an eine Überlieferung, derzufolge Christus in einer Stall-Höhle geboren wurde. Im Hintergrund auf dem Weg sieht man zwei Frauen: Hebammen, nach denen Josef geschickt hatte. Sie kommen zu spät und können nur noch die Jungfräulichkeit Mariens bezeugen – eine Überprüfungsaufgabe, die bei mittelalterlichen Gerichtsprozessen in der Tat von Hebammen wahrgenommen wurde. Rund um die Heilige Familie haben sich Hirten versammelt. An ihrer einfachen Kleidung und den Musikinstrumenten erkannte der mittelalterliche Betrachter den niederen Stand dieser Personen. Diese Ankunft der Hirten beim Neugeborenen ist das eigentliche Thema des Mittelbildes.
Holz, 73 × 56,3 cm (Mitteltafel), 76,4 × 24,5 cm (Flügel)
Erworben 1980
WRM 480
Einblicke in die restauratorischen und konservatorischen Maßnahmen
Als am 12. Mai 2014 Gerrit van Honthorsts großformatiges Gemälde „Anbetung der Hirten“ zur genaueren Prüfung des Erhaltungszustandes in die hauseigene Abteilung für Kunsttechnologie und Restaurierung gebracht wurde, kam mit einer ungeahnten Entdeckung ein Stein ins Rollen.
Zeigte sich doch am oberen Rand überraschender Weise ein ca. 12,5, cm hoher Streifen der bemalten Leinwand, der auf die Rückseite des Keilriemens umgeschlagen war.
Das Bildformat war also um ein beträchtliches Stück in der Höhe verkürzt worden.
Zustand des Gemäldes vor der Restaurierung im verkürzten Format mit ehemaligem Zierrahmen
Rückseite des Gemäldes mit sichtbarem Umschlag der bemalten Leinwand auf der Keilrahmenrückseite.
Rechts ein Detail mit erkennbarer Körperbindung des blau gestreiften Gewebes.
Zustand des Gemäldes im Originalformat nach der Restaurierung durch Robert Hieronymi im Jahr 1940.
Foto von 1946 mit erkennbaren Laufspuren aufgrund eines Wasserschadens.
Kartierung des blauen Streifenmusters und aller Maße der insgesamt drei Gewebeteile, aus denen sich der textile Bildträger zusammensetzt.
Detail aus: Jan Steen, Amnon und Thamar (WRM 2536) mit blau gestreifter Matratze, deren Muster der Leinwand von Honthorsts „Anbetung der Hirten“ gleicht.
Röntgenbild, Gesamtaufnahme.